Wer kennt das nicht? Man bekommt eine gute Flasche Wein geschenkt und macht sich erstmal im Internet über den edlen Tropfen kundig. Und dann stellt sich die unvermeidliche Frage: Gleich trinken oder für später aufheben?
Egal, ob Ihr absolute Weinneulinge oder erfahrene Genießer seid, die Frage nach der Lagerung eines Weins ist immer eine heikle Angelegenheit. Aber dafür gibt es ja uns, und wir können Euch beruhigen: Es ist gar nicht so kompliziert ist, wie Ihr vielleicht denkt! Es reicht nämlich, die folgenden Kriterien zu berücksichtigen, um herauszufinden, welche Weine sich zum Einkellern eignen.
Wenn Ihr nun neugierig seid zu erfahren, ob eine oder sogar mehrere Flaschen aus Euren Weinvorräten dem Zahn der Zeit widerstehen, dann seid Ihr bei uns genau richtig! Geht einfach die folgende Checkliste durch, um herauszufinden, ob Ihr den Korken jetzt knallen lassen könnt oder ob ihr dem bzw. den guten Tropfen lieber noch ein wenig Ruhe gönnen solltet.
Frage: Sollte ich diesen Wein einkellern?
Nicht jeder Wein muss gelagert werden!
Dies ist schon mal der wichtigste Punkt von allen! Wusstet Ihr, dass 99 % aller Weine zum sofortigen Genuss gedacht sind? Tatsache ist, dass die meisten Weine, die auf den Markt kommen, so vinifiziert werden, dass sie innerhalb der ersten fünf Jahre nach der Ernte genossen werden können. Da sich lediglich 1 % der Weine für eine längere Lagerung eignet, ist die Frage hier also größtenteils bereits beantwortet.
Das Kriterium Preis
Immer noch überzeugt, einen kellerwürdigen Kandidaten zu haben? Dann ist zunächst einmal der Preis in Betracht zu ziehen. Ist der Preis zwar definitiv nicht der bestimmende Faktor für Qualität und Reifepotenzial (gibt es doch eine Fülle an köstlichen Weinen in der Preisklasse zwischen 10 und 20 €), so spielt er doch eine wesentliche Rolle.
Dabei geht es in erster Linie um die Qualität. Ebenso wie schmackhafte und gut vinifizierte Weine unter 10 € wohl eher die Ausnahme sind, dürfte es eher schwierig werden, einen lagerungsfähigen Wein unter 30 € aufzutreiben. Klar gibt es Ausnahmen von der Regel, doch die wenigsten Weine in dieser Preisklasse können ihre Trinkreife nach ein bis fünf Jahren weiter ausbauen.
Ergänzend zu den nachstehenden Punkten hat das eben auch mit dem Grund zu tun, aus dem ein Wein in seinem jeweiligen Preissegment platziert ist. Warum das so ist, erklären wir hier.
Vertrauenswürdigkeit der Winzer
Die Vertrauenswürdigkeit eines Winzers ist ein entscheidender Faktor. Es hat schon seinen Grund, warum die Größten erfolgreich ihre Spitzenposition verteidigen. Man denke an renommierte französische Weinregionen bzw. Weingüter, deren Erzeugnisse ihren angestammten Platz im Weinkeller eines jeden Liebhabers haben, z.B. erlesene Bordeaux-Weine von Chave oder Comtes Lafon, die Liste wäre endlos. Diese Namen haben im Laufe der Zeit immer wieder ihre Zuverlässigkeit unter Beweis gestellt. Kein ernsthafter Weinkenner würde je einen Dujac oder d'Angerville ausschlagen, setzen diese Spitzen-Weingüter doch nach wie vor Maßstäbe bei der Erzeugung hochwertigster Weine mit hervorragendem Alterungspotenzial.
Um Missverständnissen vorzubeugen - wir wollen Euch hier keineswegs die Newcomer unter den Weinherstellern abspenstig machen. Natürlich gibt es zahlreiche aufstrebende Winzer*innen, deren hochwertige Erzeugnisse in keinem Keller fehl am Platze wären. Trotzdem ist man immer gut damit bedient, entweder Expertenmeinungen über Hersteller einzuholen, die man nicht kennt, oder sich schlicht und einfach an die Klassiker zu halten.
Informiere dich über den Jahrgang
Wie die Seriosität der Erzeuger, so kann auch der Jahrgang bei der Ermittlung des Alterungspotenzials eines Weines eine entscheidende Rolle spielen. [Anmerkung: Ist der Jahrgang zwar stets ein spannendes Gesprächsthema, so fällt er bei Weinen, die zum sofortigen Genuss bestimmt sind, natürlich weniger ins Gewicht.] Wer am Reifepotenzial eines Weins interessiert ist, macht sich am besten mithilfe von Jahrgangstabellen oder -berichten über Region und Jahrgang des jeweiligen Weins schlau.
Ebenso wie die Verlässlichkeit der Weinklassiker stellen auch Jahrgangstabellen ein wertvolles Hilfsmittel dar, wenn es darum geht, sich einen Weinkeller anzulegen. Die Experten, die diese Listen erstellen, haben jahrzehntelange Erfahrung im Verkosten von Wein und kennen die entsprechenden Regionen. Auf dieses Know-how stützen sie sich, wenn es darum geht, das zukünftige Reifepotenzial eines Weins einzuschätzen.
Die Verfasser dieser Tabellen haben beste Verbindungen zu den jeweiligen Erzeugern, d.h. sie verfügen über Direktinformationen zu Wetterbedingungen eines Jahrgangs, Traubenwachstum, Handhabung/Verarbeitung des Weins in der Kellerei und erhalten Einblick in die Entwicklung älterer Jahrgänge.
Die Struktur bedenken
Last but not least ist auch die Struktur des Weins zu prüfen. [Dabei hilft die Lektüre von Notizen vom Hersteller/Importeur oder Weinspezialisten oder die persönliche Verkostung und Beurteilung, soweit eine weitere Flasche zur Verfügung steht.] Um die Struktur eines Weins zu beurteilen, sind sein Gehalt an Säure, Tanninen und sein Gesamtbild einzubeziehen. Weine mit hohem Säuregehalt können lange gelagert werden, da Säure den Wein vor Oxidation schützt. Die Säure ist auch ein Schlüsselfaktor, der hilft, Weine frisch, dynamisch und lebendig zu erhalten.
Weil auch Zucker ein natürliches Konservierungsmittel für Wein ist, zählen Dessertweine aus Sauternes und dem Elsass zu den vielversprechendsten Kandidaten für den Weinkeller. Auch stark tanninhaltige Weine altern hervorragend, da junge, aufgrund ihres Tanningehalts strenge Weine mit den Jahren Zeit weicher werden.
Auch Likörweine (d.h. Weine, die unter Zugabe von neutralem Alkohol hergestellt werden, z.B. die Vins doux naturels aus Südfrankreich) sind vielversprechende Anwärter für den Weinkeller, da ihr höherer Alkoholgehalt aufgrund des Aufspritens auf natürliche Weise konserviert.
Am besten horizontal
Auch wenn schon allein zur Optimierung der Lagerkapazität eine Lagerung von Flaschen in der Horizontalen empfehlenswert ist, gibt es einen noch viel wichtigeren Grund, Weine stets liegend aufzubewahren. Bei einer Langzeitlagerung ist es nämlich unerlässlich, den Korken permanent in Kontakt mit dem Wein zu halten, damit er nicht austrocknet. Bleibt der Korken stets mit der Flüssigkeit in Berührung, bewahrt er seine Elastizität und dichtet die Flasche sachgerecht ab. Das wiederum verhindert, dass der Wein unerwünscht mit Sauerstoff in Berührung kommt, was ihn ungenießbar macht. Also nicht vergessen: Wein immer liegend lagern!
Im Schutze der Dunkelheit
Ist der Wein erstmal in der Horizontalen, gilt es, ihm ein Plätzchen im Dunkeln zu schaffen. Denn ein kostbarer Tropfen muss nicht nur vor dem Eindringen von Luft, sondern auch vor jeglicher Lichteinwirkung geschützt werden. Denn Licht (sprich Wärme) wirkt vergleichbar und führt zum Oxidieren des Weins. Zu intensive Lichteinwirkung kann sich zudem auf die Farbe des Weins auswirken und unerwünschte Verfärbungen hervorrufen.
Ausreichende Luftfeuchtigkeit
Ergänzend zum vorherigen Punkt ist auch eine regelmäßige Kontrolle der Luftfeuchtigkeit im Weinkeller unerlässlich. Wie die horizontale Lagerung trägt auch die Aufrechterhaltung einer idealen Luftfeuchte das Ihre dazu bei, den Korken stets elastisch und luftdicht zu erhalten. Wenn ein Korken erst einmal austrocknet und brüchig wird (und somit Sauerstoff in die Flasche eindringt), kann man relativ sicher sein, dass Aromen und Geschmack des Weins erheblich in Mitleidenschaft gezogen werden.
Tipps für den Weinkeller
Mal ganz ehrlich - in wessen Wohnung/Haus findet man heute schon einen hochmodernen Weinkeller? Doch das ist kein Grund zur Sorge! Es gibt tolle Behelfslösungen. Bei Häusern bieten Garagen oft ideale Voraussetzungen zur Lagerung von Wein, da sie in der Regel feucht, dunkel und relativ kühl sind. In Stadtwohnungen ist die Anschaffung eines Weinkühlschranks mit Temperaturregelung sehr empfehlenswert. Diese Apparate werden auch den Anforderungen hinsichtlich Dunkelheit und Feuchtigkeit gerecht und erfüllen somit all unsere Kriterien für eine sachgerechte und kinderleichte Weinlagerung zu Hause.
Mythen und Fakten: Flaschen drehen, umlagern usw.
Es gibt unzählige Mythen über die Kunst der Weinlagerung. Mit den Irrtümern räumen wir jetzt ein für alle Mal auf. Einem klassischen Irrglauben zufolge sollen lagernde Weine von Zeit zu Zeit leicht „gedreht“ werden, um die Bildung eines Depots zu verhindern. In Wirklichkeit ist die Entstehung eines Depots bei längerer Lagerung eine ganz normale Erscheinung und das regelmäßige Drehen der Flaschen würde dieses nur daran hindern, sich abzusetzen. Ein weiterer Mythos besagt, dass das Drehen der Flaschen den Korken vor dem Austrocknen bewahrt. In Wirklichkeit reicht es, die Flaschen liegend zu lagern. Das Drehen des Weins verbessert den Kontakt zwischen Wein und Korken in keiner Weise.
Einer weiteren gängigen Annahme zufolge sollte man gelagerte Weine so wenig wie möglich bewegen, und das können wir nur bestätigen. Übermäßiges Verlagern von Weinen (dazu gehört auch das Drehen der Flaschen) führt dazu, dass Depots in den Flaschen aufgewirbelt werden, was unweigerlich zu Trübungen oder Ausfällungen des Weins führt und einem geplanten baldigen Genuss nicht unbedingt förderlich wäre.
Zu guter Letzt raten viele Fachleute, einen alten Wein vor dem Öffnen und Genießen einige Zeit aufrecht stehen zu lassen. Dem können wir nur zustimmen, denn so kann sich der Bodensatz des Weines vollständig am Boden sammeln. Auch wenn vielfach eine mehrtägige aufrechte Lagerung vor dem Verkosten empfohlen wird, sind wir der Meinung, dass einige Stunden völlig ausreichen.
Creator
Autorin