Alle lieben Walnüsse. Sie sind nicht nur wunderbar knackig, sondern auch gesund und schmecken zudem köstlich. Man kann sie pur verzehren oder für die besondere Note zu herzhaften Speisen und Desserts hinzufügen. Südfrankreich ist mit Walnussbäumen übersät – tatsächlich ist das Land europaweit der größte Produzent der Nüsse. Unter dem schattigen Blätterdach seiner Walnussplantage erläutert Sylvain Bergerand uns den Anbau dieser kleinen Energiebomben.
Wir befinden uns in der üppig grünen Gemeinde Notre-Dame de l’Osier, unweit des atemberaubenden Kalksteinmassivs des Vercors. Die eindrucksvollen Klippen, tiefen Schluchten und sanften Hügel bieten eine atemberaubende Kulisse für den riesigen Walnussgarten, durch den wir spazieren. Die Bäume reihen sich ordentlich aneinander und ihr dunkles Laub wiegt sich im Wind. „Am meisten liebe ich es, neue Bäume zu pflanzen und sie wachsen zu sehen. Walnüsse anzubauen, ist eine langwierige Arbeit, die Geduld und Liebe erfordert. Eine Plantage wird oft für mehrere Generationen gepflanzt“, erklärt Sylvain Bergerand, der 41 Jahre jung ist und den Betrieb zusammen mit seinem Bruder leitet.
Die Walnussroute
Ursprünglich stammt die Walnuss aus Persien, sie soll aber im 13. Jahrhundert von den Römern nach Frankreich gebracht worden sein. Archäologische Funde im Périgord haben jedoch Überreste der Nüsse aus der Zeit vor 17.000 Jahren gefunden, was Fragen zum Ursprung dieser widerstandsfähigen Pflanze aufwirft. Sicher ist, dass der Walnussanbau in Südfrankreich auf eine lange Geschichte zurückblickt – mit zwei geschützten Ursprungsbezeichnungen: Noix du Périgord im Südwesten sowie Noix de Grenoble in der Region Isère, in der sich auch Sylvains Plantage befindet.
90 % seiner Produktion fallen unter dieses Ursprungs- und Gütesiegel, das die Einhaltung strenger Anforderungen gewährleistet. Dazu gehören unter anderem ein festgelegter Erntezeitpunkt und eine bestimmte Größe: Beispielsweise dürfen Nüsse mit einem Durchmesser von unter 28 mm nicht als Ganzes verkauft werden. In Frankreich gedeihen viele verschiedene Sorten, wie Lara und Marbot, die auch frisch verzehrt werden, oder Grandjean und Corne, die man meist trocknet. Walnussbäume haben zwar eine sehr lange Lebensdauer, werfen aber erst nach etwa 12 Jahren einen nennenswerten Ertrag ab.
Die Bäume auf Sylvains Plantage bringen Walnüsse der Sorte Franquette hervor, die sowohl für den Frisch- als auch für den Trockenverzehr geeignet ist. „Die Sorte Franquette hat eine relativ helle Schale und eine längliche Form. Die Schale ist recht glatt und der Kern lässt sich leicht herauslösen“, sagt Sylvain und erklärt, woran man erkennt, wann die Nuss erntereif ist. Er zieht einen Ast herunter und wirft einen Blick auf die grüne Fruchtschale. Deren Spitze muss braun und aufgeplatzt sein, sodass sie die Nuss freigibt.
Walnüsse sind eine Herbstfrucht und benötigen herbstliche Bedingungen, um reif zu werden. Dementsprechend beginnt die Ernte im Oktober. Wenn sich die Früchte nicht von selbst vom Baum lösen und durch Regen oder Wind zu Boden fallen, verwenden Plantagenbetreiber wie Sylvain für die Ernte mechanische Rüttler. Glücklicherweise sind die Zeiten der manuellen Ernte vorbei, die bei einem Produkt wie der Walnuss sehr mühsam sein kann – denn jeder Baum der Sorte Franquette bringt pro Jahr 20 bis 30 Kilo Walnüsse hervor! Anschließend fährt eine mechanische Auflesemaschine über den Boden und rollt die heruntergefallenen Nüsse geschickt auf ihre Ladefläche.
Vielfältige Vorteile
Im Oktober kommen überall frische Walnüsse auf den Markt, die in großen Netzbeuteln in der Schale verkauft werden. Frische Walnüsse genießt man am besten pur – doch ihr milder Geschmack passt auch perfekt zu Trauben, Käse und einem Glas Rotwein. Ob sie tatsächlich frisch sind, erkennt man am besten, indem man ihnen zuhört: Bewegt sich die Nuss beim Schütteln in der Schale, dann ist sie ausgetrocknet und ihr Verbrauchsdatum verstrichen. Aufgrund ihres hohen Wassergehalts sind Walnüsse auch relativ empfindlich für Schimmel. Sie müssen also bald nach dem Kauf verzehrt werden und sollten höchstens ein paar Tage im Kühlschrank aufbewahrt werden.
Frische Walnüsse sind eine wahre Delikatesse, doch ein großer Teil der Produktion wird getrocknet, damit die Nüsse das ganze Jahr über gelagert und verkauft werden können. Nach der Walnussernte in Sylvains Plantage werden die Früchte von den Schalen befreit und gereinigt, und die schlechten Exemplare werden manuell aussortiert. Anschließend werden die Nüsse in Öfen bei 28 Grad Celsius bis zu drei Tage lang getrocknet, um das Endprodukt zu erhalten. „Um zu prüfen, ob eine Walnuss ausreichend trocken ist, breche ich die äußere Schale auf. Wenn die innere Trennwand bröckelig und spröde ist, haben die Nüsse den perfekten Biss“, demonstriert Sylvain mit einem Lächeln.
Walnüsse werden in Südfrankreich seit Jahrhunderten angebaut, und die Einheimischen verzehren die gesunde Leckerei in verschiedenen Formen: Sie träufeln Walnussöl über Salate, um ihnen eine nussige Note zu verleihen, und verwenden die unreifen grünen Früchte im Hochsommer sogar für einen süßen Apéritif. Ihr komplexer Geschmack, der gleichzeitig als erdig, fruchtig und herb mit einem Hauch von Adstringenz beschrieben werden kann, verleiht ihnen ein vielschichtiges Aroma, das sich wunderbar eignet, um süße Noten auszugleichen. Naschkatzen werden die Kombination von Nüssen und Schokolade in einer köstlichen Tarte lieben. Man kann auch in Butter geröstete Walnüsse mit Schokolade mischen und Beeren, Haferflocken und Spätzle hinzufügen, um ein fantastisches süß-herzhaftes hausgemachtes Granola zu zaubern. Wer es lieber deftig mag, sollte Gebratene Birnen mit Bleu d'Auvergne und Feldsalat mit Walnüssen probieren, verfeinert mit einer Walnussöl-Vinaigrette. Durch ihren erdigen Geschmack und ihre besondere Textur passt die Walnuss auch ideal zu Blauschimmelkäse. Wie wäre es also mit einer französischen Käseplatte oder einem extravaganten Croque Monsieur mit Blauschimmelkäse und Schinken sowie geschmolzener Walnussbutter? Suppen, Salate, Marmeladen, Tartes, Kuchen und vieles mehr – eine kleine Walnuss kann viel bewirken. Viel Spaß beim Knacken und Genießen!