Die Birne ist eine sehr alte Obstsorte und wird seit über 4.000 Jahren genutzt, was kaum überrascht: Sie ist das ganze Jahr über erhältlich und passt dank ihrer Vielfalt zu unzähligen Rezepten – eine robuste, saftige Frucht, die sich ebenso gut mit dunkler Schokolade wie mit einem weichen und würzigen Roquefort kombinieren lässt.
Doch wie zieht man die perfekte Birne heran? Die französische Birne mit ihrer zarten Schale und ihrem saftigen Fruchtfleisch ist etwas empfindlicher als die meisten anderen Obstsorten. Doch Sylvain Brault kennt sich mit ihr aus, denn er verfeinert sein Fachwissen seit Jahren auf dem Bauernhof seiner Familie inmitten der sanften, grünen Hügellandschaft von Brissac, südlich von Angers im Pays de la Loire.
Auf seinem Hof, der vor ihm von seinem Vater und seinem Onkel bewirtschaftet wurde und heute von ihm und seinem Cousin Olivier geleitet wird, stehen unzählige Birnbäume, die in langen, schmalen Reihen in den Himmel ragen. Heute ist der Hain voller Früchte, die darauf warten, direkt vom Baum gepflückt zu werden. Im Interview mit Taste France lächelt Sylvain in die Kamera, als er über seine Hauptsorte spricht: die Angys® – früher bekannt unter dem Namen Angélys.
„Die Angys® hat viele Vorteile“, erklärt er. „Wir haben eine Sorte gewählt, die ertragreich ist und sich gut lagern lässt, aber auch eine gute Geschmacksqualität aufweist. Sie zergeht fast auf der Zunge und ist wie viele Birnen zudem sehr saftig.“
Weltweit gibt es über 2.000 Birnensorten. In Frankreich werden nur zehn Sorten angebaut, die zu unterschiedlichen Zeiten reifen. Zu den beliebtesten gehören Guyot und Williams, die man im Sommer genießt, die Herbstbirnen Beurré Hardy, Alexandrine und Comice sowie die Winterbirnen Conférence, Passe Crassane und Angys®. Letztere ist das Ergebnis einer Kreuzung zweier französischer Sorten; sie wird hauptsächlich im Loiretal und in der Region Hauts-de-France angebaut.
Reif für die Ernte
Die Angélys-Birne hat eine typische kupferfarbene Schale, ist runder als andere Sorten und relativ resistent gegen Druckstellen. Die verschiedenen Sorten wachsen zu unterschiedlichen Jahreszeiten am besten; diese Winterbirne ist von Januar bis März in unseren Regalen zu finden.
Um einschätzen zu können, wann die Früchte reif für die Ernte sind, benötigt man ein geschultes Auge und eine geschickte Hand. „Um den idealen Zeitpunkt einzuschätzen, prüfen wir die Festigkeit der Früchte“, erklärt Sylvain.
Im September beginnt der Betrieb mit den Vorbereitungen für die Ernte. Die meisten Birnen werden nicht sofort gegessen, nachdem sie vom Baum gepflückt wurden.
„Die meisten Birnen können gar nicht direkt nach der Ernte gegessen werden. Sie sollten stets früher geerntet und an einem kühlen Ort gelagert werden, damit sie optimal verzehrt werden können. Wir versuchen, die Früchte so schnell wie möglich in ein Kühlhaus zu verbringen, um ihre Haltbarkeit zu optimieren.“
Deshalb muss Sylvains Team den Erntezeitpunkt sehr genau wählen. Ein wichtiger Teil der Arbeit ist die Prüfung des Fruchtfleischs. Sobald die Früchte gegen Ende des Monats den perfekten Zeitpunkt erreicht haben, werden sie sorgfältig von Hand gepflückt und auf Paletten gelegt, um ins Kühlhaus transportiert zu werden.
Sylvains Kühlhaus fasst 300 Tonnen – hier werden die Birnen gelagert, bis sie im Januar in den Verkauf kommen.
„Diese Birnensorte verbringt mindestens zwei Monate im Kühlhaus“, sagt Sylvain. „In dieser Zeit entwickeln die Früchte ihr Aroma. Später werden sie in einen Reifungsraum gebracht, in dem eine normale Raumtemperatur und eine leicht erhöhte Luftfeuchtigkeit herrschen. Anschließend zergehen sie dann auf der Zunge.“
Hinter jeder Birne steckt französisches Know-how
Auch wenn der Erntezeitpunkt sich unterscheidet, durchlaufen alle Birnen denselben Prozess. Im Jahr 2024 werden in den drei wichtigsten Birnenanbaugebieten Frankreichs, Provence-Alpes-Côte d’Azur, Auvergne-Rhône-Alpes und Centre-Val de Loire, etwa 119.000 Tonnen Birnen produziert.
Interessanterweise können die Bäume bis zu 200 Jahre alt werden. Sie sind robust und halten kalten Temperaturen von bis zu -20 Grad Celsius stand. Niedrige Temperaturen während der Blütezeit des Baumes können hingegen die Fruchtentwicklung negativ beeinflussen. Da weite Teile Frankreichs in den letzten Jahren instabiles Wetter zu verzeichnen hatten, ist der Ernteertrag von Birnen insgesamt zurückgegangen.
„Jedes Jahr ist anders“, erklärt Sylvain. „Bei der Ernte halten wir die Früchte unserer Arbeit in den Händen. Und wenn es ein gutes Jahr war, dann ernten wir gute Früchte – ein wahrer Glücksmoment. Dann ist die Ernte das reinste Vergnügen.“
In einem optimalen Jahr sind die Früchte fleischig und fest, saftig und aromatisch sowie lange haltbar. Sie sind dann perfekt für ein köstliches Dessert wie beispielsweise pochierte Birnen in Rotwein mit Vanillesahne und Roggenkrokant, für gebratene Birnen mit Bleu d’Auvergne und Feldsalat oder für eine Tartine mit Birne und Käse, die mit Honig und würzigem Piment d’Espelette verfeinert wird.
Doch woran erkennt man, dass eine Birne den perfekten Moment zum Verzehr erreicht hat?
„Wenn sie etwas weich ist, ist der richtige Moment zum Genießen gekommen“, rät Sylvain. Feste Birnen sollten noch etwas länger reifen. Sehr weiche Birnen eignen sich am besten für Rezepte, bei denen die Früchte garen, wie bei dieser köstlichen Birnen-Schokoladen-Tarte.
Durch ihre Vielfalt sind französische Birnen zu jeder Jahreszeit in der Küche präsent. Ob in frischen Sommersalaten oder warmen Winterrezepten: Sie sind perfekt, um Süß und Herzhaft zu kombinieren – vom einfachen Abendessen bis hin zum Gourmet-Schmaus mit Freundinnen und Freunden.