Getränke mit Tradition
Traditionsgemäß wird Cidre nicht nur in bretonischen Kneipen in weißen Schalen mit rotem Rand zu Crêpes mit Zucker serviert … Ein hartnäckiges Klischee, das jedoch allmählich verblasst. Seit ein paar Jahren erleben Cidre und Poiré – sein aus Birnen gewonnener Cousin – einen spektakulären Aufschwung. Doch der Drink ist alles andere als ein Newcomer. Bereits in der Antike dienten Äpfel zur Herstellung von Getränken. Schon kurz vor unserer Zeitrechnung erfreute sich der „Sizra“ genannte Apfelwein in Nordspanien großer Beliebtheit. Stammt der Cidre nun aus der Bretagne oder der Normandie? Einigen Historikern zufolge weder noch. Sie vertreten vielmehr die These, dass baskische Seeleute, die Cidre zur Vorbeugung gegen Skorbut mit an Bord nahmen, ihre bretonischen und normannischen „Kollegen“ in den gemeinsamen Fanggebieten um Neufundland und Saint-Pierre-et-Miquelon auf den Geschmack brachten.
Eine Tradition im Wandel
Die Saga von Cidre und Poiré wird neuerdings um ein weiteres Kapitel bereichert. Die beiden Schaumweine lassen das Image traditioneller Getränke seit einigen Jahren hinter sich und werden langsam flügge. Es ist nicht von der Hand zu weisen: Immer mehr Restaurants können mit beachtlichen Cidre-Karten aufwarten (stolze 80 Sorten im Comptoir Breizh Café in Saint-Malo), immer mehr Weinhändler und Sommeliers kredenzen sie in speziellen Gläsern und anspruchsvollen Kombinationen (nicht nur zu Desserts, sondern auch zu Fisch, weißem Fleisch und Käse …) und auch die Fans mausern sich mehr und mehr zum Kennerpublikum. Eine zunehmend anspruchsvollere Nachfrage also, der es nachzukommen gilt! Genau da kommen die Erzeuger und ihre Betriebe ins Spiel. Sie haben der konventionellen Landwirtschaft den Rücken gekehrt und widmen sich der Pflege ihrer Obstplantagen mit viel Fingerspitzengefühl und Respekt vor der Natur und ihren Erzeugnissen. Die Ernte wird schonend eingeholt, ohne sie zu beschädigen. Die Sorten werden entsprechend dem Terroir ausgewählt und liebevoll zusammengestellt … Nichts wird dem Zufall überlassen.
Verdiente Wertschätzung
Das Ergebnis? Pioniere wie Éric Bordelet aus der Mayenne haben mit ihren Cidres und Poirés schon lange ihren festen Platz auf den Karten der Sternerestaurants. Zahlreiche Erzeuger (darunter auch viele Jungunternehmer) tun es ihnen gleich. Ihre Produkte haben ein bemerkenswertes Qualitätsniveau erreicht und können mit Finesse, Frische und Eleganz wie nie zuvor aufwarten. Die eher „rustikalen“ traditionellen Cidres und Poirés sind davon selbstredend Lichtjahre entfernt. Als positive Konsequenz einer sowohl individuellen als auch kollektiven Dynamik ist die Entwicklung natürlich auch dem wachsamen Auge des INAO (Frankreichs Nationales Institut für Herkunft und Qualität) nicht entgangen. Ergänzend zu historischen Bezeichnungen wie Cidre de Cornouaille (1996), Cidre du Pays d'Auge (1996) oder Poiré Domfront (2002) verlieh das INAO in den vergangenen Jahren auch den Erzeugnissen Cidre du Cotentin (2018), Cidre du Perche (2020) und Cidre du Pays de Caux (2022) das AOP-Label. Und das ist erst der Anfang!
Die Auswahl von Taste France Magazine
Jérôme Forget, Poiré Domfront, Champ du Poirier
Im Departement Orne in der Normandie erzeugt Jérôme Forget auf seinem Hof Ferme de l‘Yonnière herausragende Poirés. Sein Poiré aus der Birnensorte Plant de Blanc, dem Star der Appellation Poiré Domfront, ist lebhaft und angenehm rund zugleich.
Éric Bordelet, Poiré Granit
An der Grenze zwischen Mayenne und Orne in Westens Frankreichs stellte der gelernte Sommelier Éric Bordelet als einer der ersten das beachtliche Potenzial von Cidres und Poirés unter Beweis. Davon zeugt Granit, ein überaus erlesener und schmackhafter Poiré von einzigartiger Finesse und Mineralität.
Jehan Lefèvre, Cidre breton
Jehan Lefèvre, langjähriger Bio-Bauer, produziert wunderbar geradlinige Cidres, darunter diesen Cidre brut, der aus 17 Apfelsorten zusammengestellt wird. Er ist angenehm, fein prickelnd, bietet einen langen Abgang und zeichnet sich durch seine leichte Bitterkeit aus.
Domaine Bordatto, Basa Jaun
Nur einen Katzensprung von Saint-Jean-Pied-de-Port entfernt, im Inneren des Baskenlandes, produzieren Pascale und Bixintxo Aphaule ein umfangreiches Sortiment an biologischen und biodynamischen Apfelweinen und Cidres. Einer davon ist der „Basa Jaun“, ein ebenso feiner wie dynamischer, wunderbar ausgewogener Cidre.
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