2020 wurde das im traditionellen Handwerk verankerte Unternehmen Anchois Roque verdientermaßen mit dem Label Entreprise du Patrimoine Vivant ausgezeichnet. Mehr als 150 Jahre nach seiner Gründung verarbeitet es die Collioure-Sardellen auch heute noch nach handwerklicher Tradition. Tauchen wir in dieses Universum ein.
Eine lange Geschichte
Ab Perpignan nähert sich die Straße der Küste, bevor sie ein wenig ansteigt und atemberaubende Panoramablicke aufs Mittelmeer freigibt. Willkommen auf den Anhöhen von Collioure. Malou Roque empfängt uns in ihrer neuen Werkstatt: „In der Vergangenheit konnten in Collioure mindestens 30 Familienbetriebe von der Sardellenverarbeitung leben“, so die Geschäftsführerin von Anchois Roque. Rückblick ins 19. Jahrhundert: Eine malerische Hafenstadt im Süden Frankreichs, „eingezwängt“ zwischen Mittelmeer und den letzten Ausläufern der Pyrenäen. Sie lebte im Rhythmus der rund 140 ständig ein- und auslaufenden „katalanischen Barken“, wie die Fischerboote hier genannt werden. Mithilfe der „Lamparo“-Technik, also mit Licht, spürten die Fischer nachts die blaugrauen Fischlein auf und vertrauten sie, sobald sie wieder an Land waren, den Salzern und Konservenherstellern an. Eine florierende Branche! Schon im Mittelalter war das Salzen von Sardellen bekannt und erlebte einen regelrechten Aufschwung, als Ludwig XI. beschloss, die Einwohner von Collioure von der Salzsteuer, der sogenannten „Gabelle“, zu befreien. Das goldene Zeitalter sollte mehrere Jahrhunderte hindurch andauern …
Ein wegweisendes Unternehmen
Seither hat sich die Aktivität, nicht nur aufgrund einer Verknappung der Ressourcen im Mittelmeer, verlangsamt. Heute setzen zwei Unternehmen alles daran, die Tradition fortzuführen. Der berühmte kleine Fisch ist nach wie vor das Aushängeschild der lokalen Gastronomie und kann mit drei g.g.A.-Siegeln aufwarten, und zwar für Sardellen in Salz, Sardellenfilets in Salzlake und Sardellenfilets in Öl. Verpassen kann man das Unternehmen Roque bei einem Besuch in Collioure auf keinen Fall! Der Firmenname ist allgegenwärtig, nicht nur an der Produktionsstätte, sondern auch an der Fassade der fünf Verkaufsräume. Einer davon befindet sich am Standort der ehemaligen Fabrik, an der Straße, die sich bis zum Zentrum des Dorfes, zum Strand und zum Hafen schlängelt. Alles begann im Jahr 1870, als Alphonse Roque sich in Collioure als Küfer und Salzer niederließ. Seither setzte eine Generation nach der anderen das Werk ihrer Vorfahren fort. Trotz seines Wachstums im Laufe der Zeit hat das Unternehmen seinen familiären Esprit und die lokale Verwurzelung bewahrt. Der typisch katalanische Akzent erfüllt die Atmosphäre mit mediterranem Flair, sowohl in den Verkaufsräumen als auch in der Werkstatt, wo der Großteil der Arbeit noch immer manuell erledigt wird.
Aber bitte in Handarbeit!
Komplizierte Maschinen oder Werkzeug sucht man hier vergeblich. Gleich nach der Ankunft werden die Sardellen 15 bis 24 Tage lang eingesalzen und scheiden dabei eine Lake aus Blut und Wasser ab. Dieser Schritt muss unmittelbar nach dem Fang erfolgen. „Wenn der Fisch nicht sofort verarbeitet wird, kann er verderben und das würde der Qualität unserer Produkte schaden.“ Nach dem Ausnehmen und dem Entfernen der Köpfe von Hand werden die Fische kronenförmig in Bottiche geschichtet, wobei jede Schicht Sardellen mit Salz bedeckt wird. Auf die lagenweise mit Sardellen und Salz gefüllten Bottiche wird dann zum Beschweren ein Gewicht von 20 kg gelegt. In der dreimonatigen Reifezeit erlangen die Fische die gewünschte Konsistenz. Im Anschluss sind zierliche Hände gefragt (Riesenpranken bitte draußen bleiben!), um die Filets ganz behutsam zu entgräten. Dank dieses einzigartigen Rohstoffs kann die Familie Roque ihren Kunden eine reichhaltige Produktpalette anbieten: Sardellen in Salz, Sardellen mit Öl, Sardellenfilets in Salzlake, Boquerones (in Essig eingelegte, weiße Sardellenfilets), Sardellencreme, Anchoïade (Sardellenpaste), Oliven mit Sardellenfüllung usw. Auf allem prangt das Logo des Hauses Roque mit der berühmten, direkt am Wasser gelegenen Wehrkirche Notre-Dame-des-Anges und dem katalanischen Band in Gold und Blutrot, das von der starken regionalen Identität zeugt. Ein lohnenswerter Besuch!
Anchois Roque
17, route d’Argelès, 66190 Collioure
Tel.: +33 (0)4 68 82 04 99
www.anchois-roque.com
Besuch der Fabrik auf Anmeldung
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