Grünes Frankreich: Herausforderung Dürre – Perspektiven für die Landwirtschaft von morgen
Wie überall in der Welt bringt der Klimawandel auch in Frankreich zunehmende Dürreperioden mit sich. Den Landwirten bleibt nichts anderes übrig, als sich auf den Wassermangel einzustellen. Dabei bedienen sie sich sowohl neuster Hightech-Errungenschaften als auch bewährter, traditioneller Methoden.
Sommer 1976, 1989, 2003, 2020, 2022 ...: Nein, es handelt sich hier nicht um ein Ranking vorzüglicher Weinjahrgänge, sondern eine Aufzählung von Dürreperioden, die mehreren Generationen französischer Landwirte nicht in bester Erinnerung geblieben sind. Nie zuvor wurde das Land von einer derartigen Trockenheit der Böden (auch edaphische Trockenheit genannt, für alle jene unter Ihnen, die mal wieder beim Scrabble glänzen möchten) heimgesucht. Und leider deutet alles darauf hin, dass sich wohl auch das Jahr 2023 in diese traurige Rekordliste einreihen wird. Will heißen: sowohl Privathaushalte als auch Unternehmen werden sich vermehrt auf Wassersparmaßnahmen einstellen müssen.
Zunächst einmal zur Begriffsklärung: Der gemeinsame Nenner der verschiedenen Typen von Dürre ist, dass den Pflanzen im Boden keine ausreichenden Wasserspeicher mehr zur Verfügung stehen. Dies wirkt sich sowohl direkt auf den Ackerbau als auch indirekt auf die Tierzucht aus. Dürre ist das Resultat verschiedener Faktoren, deren Ausmaß im Zuge des fortschreitenden Klimawandels zunimmt: mangelnde Niederschläge, hohe Temperaturen und damit einhergehend eine vermehrte Verdunstung, Wind und Bodenbedingungen (nutzbare Wasserreserve, Speicherkapazität, Porosität).
Mehrere Lösungsansätze
Dürre wirkt sich auf den Bewässerungsbedarf, die landwirtschaftlichen Erträge und somit für den Endverbraucher auf Preise (und Vorlieben!) aus. Wundermittel gibt es dagegen nicht, doch den Landwirten bietet sich eine Palette einander ergänzender Lösungen. Während einige, wie das Anlegen von Reserven, je nach territorialer Ausdehnung mit einem gewissen Konfliktpotenzial behaftet sind, herrscht bezüglich anderer Alternativen wie Smart-Farming-Technologien ein eindeutiger Konsens. Letzte ermöglichen anhand vernetzter Sensoren, den Wasserbedarf der Pflanzen präzise zu ermitteln. Dank Echtzeitzugriff per Handy auf die erhobenen Daten können die Landwirte die Bewässerung exakt anpassen, ohne die kostbare Ressource zu verschwenden.
Neben derartigen Innovationen stellt auch die Anpassung der Kulturen an den Klimawandel eine interessante Perspektive dar. Um den wiederholten Dürreperioden zu trotzen, steigen immer mehr Landwirte von Mais (der im Sommer überaus durstig ist) auf Sorghumhirse um. Die traditionell in Äquatorialafrika und Indien abgebaute Getreidesorte kann mit Hitze nämlich vergleichsweise gut umgehen.
In Noirmoutier ernten die klügsten Bauern die besten Kartoffeln!
Um kostbares Nass zu sparen, setzen einige französische Ortschaften schon seit Jahrzehnten auf eine bewährte Methode, die es durchaus verdient hätte, auch landesweit Nachahmer zu finden. So die Insel Noirmoutier in der Vendée. Leben hier in der kalten Jahreszeit knapp 10.000 Einwohner, so verzehnfacht sich die Bevölkerung dieser Perle im Atlantik in den Sommermonaten.
Vor rund 40 Jahren haben die hiesigen Landwirte ihre eigene Methode des Kartoffelanbaus entwickelt. Die Felder mit einem jährlichen Ertrag von 12.000 Tonnen werden schlicht und einfach mit aufbereitetem Abwasser bewässert. Eine Methode, die ganz erhebliche Wassereinsparungen ermöglicht: Denn auf der Insel gibt keine Grundwasservorkommen, das Trinkwasser kommt über Leitungen vom Festland. Die Abwasser der Insulaner (aus Waschbecken, Dusche und WC) werden in den beiden Kläranlagen recycelt und dienen anschließend der Bewässerung der Kulturen. Diese erfolgt über ein in den 1980er Jahren erbautes Rohrleitungssystem, das die Speicherlagunen mit den Feldern verbindet. Um jegliches Risiko einer Kontamination zu vermeiden, werden wöchentlich bakteriologische Analysen durchgeführt.
Ein wahrer Geniestreich, der die Entwicklung der Kartoffel von Noirmoutier erst möglich machte – heute gilt sie als eine der schmackhaftesten Sorten weltweit. Während das Beispiel Noirmoutier anschaulich den Nutzen technologischer Errungenschaften darlegt, bieten auch althergebrachte Traditionen durchaus interessante Perspektiven im Kampf gegen die Dürre. Nicht nur in Frankreich, sondern europaweit (insbesondere in der spanischen Region Extremadura) werden mittelalterliche Bewässerungskanäle wieder in Betrieb genommen: Die über 1.000 Jahre alten Anlagen funktionieren noch immer einwandfrei!