Grünes Frankreich: Bauernhöfe in der Stadt, eine Gemüsekiste und vieles mehr...
Als Reaktion auf die ständig wachsende Stadtbevölkerung bauen Landwirte in den Städten eine neue Art von Gemüseanbau auf. Über das Angebot hinaus wird eine Verbindung zum Lebendigen und seinen Produzenten geschaffen.
Als ich das Tor durchschreite, werde ich von Métisse und Mariette, den Ziegen des Hofes, begrüßt. Unbeirrt grasen zwei Rinder am Rande ihrer nagelneuen Hütte, dem Ergebnis eines partizipativen Bauprojekts. Für einen Moment vergesse ich fast, dass ich nicht mitten in der provenzalischen Pampa bin, sondern im Süden der Stadt Marseille, auf der Ferme du Roy d'Espagne, einem der drei Lehrbauernhöfe der Stadt.
Seit der Eröffnung im Jahr 2004 sind Gemüsegärtner und Züchter gekommen und gegangen, mal junge Landwirte, mal Erzeuger im Ruhestand. Im Juni 2019 übernahm ein dynamisches Team von Landwirten die Nachfolge. Ihr Verein, der komplementäre Profile vereint (Animateure, Gemüsegärtner usw.), haucht diesem zwei Hektar großen Grundstück, eingebettet zwischen einem kleinen einkommensschwachen Viertel, wohlhabenden Gebäuden und den Hügeln, neues Leben ein. Jede Woche kommen mehr als hundert Familien hierher, um ihren Korb mit Biogemüse zu füllen und ein paar Stunden in dieser grünen Oase zu genießen. Für mich werden es an diesem Tag Salate und Tomatenpflanzen sein.
La Ferme du Roy d'Espagne ist keine isolierte Oase. Überall auf der Welt mehren sich urbane Farmprojekte, die den Stadtbewohnern eine Pause in der Natur inmitten eines Labyrinths aus Asphalt bieten, aber auch eine alternative Möglichkeit, frische, lokale Produkte direkt nebenan einzukaufen. Heute verfügt die Stadt Paris über fast 30 Hektar Flächen, die der städtischen Landwirtschaft gewidmet sind. Auch in begrünungsfähige Dächer wird investiert! 2010 weihte der Amerikaner Ben Flanner Brooklyn Grange ein, 30.000 m2, die dem Anbau von Obst und Gemüse auf einem New Yorker Dach gewidmet sind, auf dem Bienenvölker fröhlich schwärmen für eine 100 %ige städtische Honigproduktion.
Und wenn der Platz knapp ist, wie in Singapur, stapeln findige Unternehmer die Pflanzen hoch übereinander, auf mehreren Etagen. Die Pflanzen wachsen dann in Hydrokultur, d. h. nicht im Boden („Hors-Sol“), unter Verwendung eines organischen Substrats, das über ein Tröpfelsystem mit einer Lösung aus Wasser und Nährstoffen bewässert wird. Eine Methode, mit der im Vergleich zu herkömmlichen Anbaumethoden 70 % Wasser eingespart werden könnten. In Frankreich hat der Verein La Sauge seine ökologische Baumschule in Nantes und Pantin angelegt. Sein Leitmotiv? „Jeder gärtnert zwei Stunden pro Woche.“ Ein ehrgeiziges Projekt, das es den Stadtbewohnern ermöglicht, sich wieder mit ihrer Nahrung, dem Zyklus der Jahreszeiten, der Ökologie, dem Recycling und dem richtigen Umgang mit Ressourcen zu verbinden. Denn diese Farmen sind nicht dazu gedacht, die gesamte wachsende Stadtbevölkerung zu ernähren. Ihre Tugend liegt woanders: Sie bieten den Stadtbewohnern eine ländliche Oase und vor allem die Begegnung mit den Menschen, die sie ernähren. Kurz gesagt: Verbindungen herstellen. Unverzichtbar, oder?
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