Rost brennt, Grillen, Barbec’ und Grillade: alles, was heiß ist

Par Sandy Neumann

Als Thüringerin bin ich mit der Bratwurst im Mund groß geworden. Kein Wochenende im Sommer, an dem nicht „Rost brennt“ angesagt war. Genau, der Grill heißt in Thüringen Rost und darauf wird Wert gelegt. Nicht der brennt, dafür ein ordentliches Feuer für veritable Thüringer Rostbratwürste, Steaks und Spieße. Dazu einen zünftigen Kartoffelsalat, für die Kinder eine Fassbrause und die Großen ein Bier und fertig war und ist der Sommer-Genuss. Ganz Deutschland nennt sich selbst unbescheiden Weltmeister im Grillen, ich glaube Frankreich steht dem in nichts nach. Zeit, einmal ein paar Begriffsbestimmungen vorzunehmen.

Gegrillte Schnecken

Als wir in unsere südfranzösische Herzensheimat kamen, war die erste Einladung der Nachbarn nach dem Kennenlern-Apéritif eine Sardinade. Unmengen von Sardinen, zwischen zehn und fünfzehn Zentimeter groß, werden dafür in ein Gitter eingespannt und über einem Rebstockfeuer knusprig gegrillt. Das intensive Aroma braucht keinerlei weitere Würze, die Fische bekommen ein paar Spritzer Zitronensaft nach ihrem heißen Feuertanz und gut ist. Die weniger Mutigen entfernen die Mittelgräte. Echte Südfranzös*innen essen den Fisch nahezu vollständig, lediglich der Kopf wird abgeknapst, dann bis zum Schwanz alles vertilgt.

© Sandy Neumann

Wird man zur Grillade eingeladen oder wird diese zu einem der unzähligen Dorffeste im südfranzösischen Sommer ausgerufen, dann wird gegrillt, was das Zeug herhält. In Knoblauchöl marinierte Lammkoteletts, die auf dem Grill einige Zweige Rosmarin bekommen, Innereien wie Nieren oder Leber, Merguez, scharfe Lammwürstchen mit maghrebinischem Einfluss, mit Kräutern gefüllte Makrelen, große Artischocken.

© Sandy Neumann

Anstatt Holzkohle werden auch zur Grillade getrocknete, alte Rebstöcke verwendet, die die Winzer aus dem Boden graben, wenn sie an ihre Ertragsgrenze gekommen sind. Synonym zur Grillade hat auch das Wort Barbecue Einzug in die Sprache gehalten, oder einfach kurz Barbec’, weil man in Frankreich Abkürzungen so großartig findet.

© Sandy Neumann

Auch in Südfrankreich wird im Winter gegrillt, nicht nur, weil es die Temperaturen oft ganz leicht machen und man keine Pudelmütze und Daunenjacke braucht. Junge Frühlingszwiebeln, Calçots, werden zur Calçotada, das sowohl das Fest als auch die Zubereitungsart beschreibt, schwarz gegrillt, die dunkle Haut abgezogen, in Romesco-Sauce getunkt und mit den Fingern gegessen. Auch für Romesco-Sauce gibt es kein Standard Rezept, sondern in Stein gemeißelte Familientraditionen. Klar ist, es gehören Mandeln hinein, reichlich Knoblauch, Olivenöl, gegrillte rote Paprika, Tomaten und eine gehörige Portion Vorfreude auf ein launiges Fest, am besten in großer Runde und eine ebenso gehörige Portion Wein.

© Sandy Neumann

Kürzlich luden auch die Nachbarn wieder ein, diesmal zu einem weiteren Grillspektakel – der Cargolade. Zu diesem heißen Event, das ein Symbol der katalanischen Küche ist und bei dem keinesfalls ein Aïoli fehlen darf, werden Schnecken auf dem offenen Feuer gegrillt. Grenzen zwischen Spanien und Frankreich braucht diese Spezialität nicht, die katalanische Tradition ist das verbindende Element. Unser Beitrag sollte das Aïoli zu den Schnecken sein, natürlich mit ordentlich Knoblauch. Daraus wurde nichts. Die erste sommerliche Hitzewelle mit 38 Grad verhinderte auch nach drei Anläufen, dass sich Eigelb und Öl zu einer geschmeidigen Crème verbinden konnten. Neben zwei Gläsern gekaufter Knoblauch-Crème war unser Beitrag zum gemeinsamen Mahl eine gute Menge hausgemachter Thüringer Bratwürste. Unsere Sehnsucht nach der kulinarischen Kindheitserinnerung brachte meinem Mann dazu, selbst Hand anzulegen und so wird hier regelmäßig gewurstet – ganz deutsch-französisch.

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Sandy Neumann
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