Das Elsass ist nur einen Katzensprung über den Rhein von Karlsruhe entfernt. Die Freude am Genuss teilen die Menschen auf beiden Seiten des Flusses. Kein Wunder, dass in der badischen Küche auch Einflüsse der französischen Nachbarn zu finden sind.
Ein echtes Juwel für Genießer steht inmitten des idyllischen Künstlerdorfes Grötzingen im Osten von Karlsruhe. Im ältesten Fachwerkhaus des Ortes aus dem Jahre 1463 wechselten zum Jahresbeginn die Gastgeber. Im Januar 2020 trat das sympathische Ehepaar Verena und Henning Weick die Nachfolge von Jacques Meyer an, einem gebürtigen Elsässer, der hier von 2017 bis Ende 2019 sein „Culinarium“ führte. Unter dem neuen Namen „1463“ betreiben nun die Weicks das Restaurant samt Hofladen und dem dazugehörenden Apartmenthaus.
Henning, gelernter Koch, Küchenmeister und staatlich geprüfter Gastronom, schickt seitdem aus der kleinen Küche des Fachwerkhauses all die köstlich klingenden Gerichte, die auf der regelmäßig wechselnden Karte stehen. Bevor er mit seiner Frau das 1463 übernommen hat, war Henning in namhaften und ausgezeichneten Häusern tätig wie dem Nassauer Hof in Wiesbaden, dem Gasthaus zur Kanne in Deidesheim und dem Ritterhof zur Rose in Burrweiler. Seine Frau Verena, ausgebildete Hotelkauffrau, ist im 1463 die Gastgeberin mit Herz und Seele.
Den ersten Besuch statte ich an einem Samstagmorgen dem Hofladen ab. Er ist winzig und kurz bevor sich die Ladentür öffnet, bildet sich davor bereits eine kleine Warteschlange. Es war ein guter Entschluss, den kleinen Laden weiterzuführen, denn das stand bei der Übernahme noch nicht fest. „Den Grötzingern zuliebe betreiben wir den Hofladen weiter, weil man hier im Dorf das frische französische Gebäck sehr schätzt“, erzählt Verena Weick. In diesem Moment kommt ihr Mann gegenüber aus dem Haus die steilen Holzstufen herunter. Er trägt ein Blech süß duftender Croissants an uns vorbei. Auf meine Frage, ob sie das alles selbst backen würden, antwortet mir Verena: „Nein. Wir backen nicht selbst, dazu fehlt uns zu zweit die Kapazität. Wir beziehen unsere Gebäckstücke und Teigrohlinge jedoch über einen Großhändler direkt aus Frankreich“. Jeden Samstag und Sonntag vor Ladenöffnung werden sie frisch aufgebacken.
Neben den ofenfrischen französischen Croissants finden Baguette, Pain au Chocolat und Mini-Tartes den Weg in die Auslage des winzigen Lädchens. In der kleinen Vitrine neben der Kasse liegen französische Käsespezialitäten, Terrinen und Paté im Gläschen. „Die Aprikosen für unsere Konfitüre ernten wir direkt vom Baum, der an der Wand des Restaurants hochwächst“, verrät mir Verena, nachdem ich die Aprikosen-Marmelade im Regal entdeckt habe. Daneben stehen weitere hausgemachte Sachen wie Aprikosensenf, Chutneys und Holunderblütensirup.
Geöffnet ist das Hoflädle immer nur samstags und sonntags von 8:30 bis 10:30 Uhr, aber es kann schon mal vorkommen, dass früher geschlossen werden muss, weil die frischen Gebäckstücke alle verkauft sind. Das ist auch der Grund, wieso die beiden den Hofladen ungern weiter groß publik machen möchten. „Es wäre doch schade, wenn die Leute eine längere Anfahrt haben und dann gibts vielleicht schon nichts mehr“, sagt Verena. Und weil an den Wochenenden das Restaurant auch mittags geöffnet ist, ist die Stückzahl begrenzt, die Henning in der Zeit aufbacken kann. Deshalb bestellen die meisten Stammkunden vor, um bei Croissant und Baguette nicht leer auszugehen.
Der Weg nach Grötzingen lohnt sich trotzdem. Wenn es nicht mit dem Einkauf im Hofladen klappt, dann sollte auf jeden Fall ein Restaurantbesuch eingeplant werden. Die Gasträume im historischen und liebevoll renovierten Fachwerkhaus bestechen durch ihren Charme. Im Sommer und bei schönem Wetter lädt ein kleiner Innenhof zum Genießen unter freiem Himmel ein. Auf Grund der begrenzten Sitzplätze im Garten – und der momentanen Situation der Corona-Hygienevorschriften – muss vorher reserviert werden.
Die Speisekarte liest sich verführerisch. Sofort fällt mir die Vorspeise mit feinen Scheiben vom kalten Roastbeef mit Sauce Tartar, Kapern, Wachtelei und Salatbouquet ins Auge. Die Schaumsuppe von Hummer und Garnelen mit Jakobsmuschel und das auf der Haut gebratene Filet vom Loup de mer mit Artischocken-Gemüseragout, Tomate und Beurre blanc klingen ebenfalls köstlich. Wie gut, dass verschieden große Menüs angeboten werden. Um möglichst viel probieren zu können, bestelle ich das 5-Gang-Menü mit der kleinen Weinreise durch Baden und die Pfalz.
Die Fokussierung auf die Qualität der Produkte macht die französische Küche so besonders.
Regional, saisonal und mit französischem Savoir-faire, so schmeckt die Küche von Henning Weick. Fisch, Geflügel, Gemüse und Gewürze kauft der Koch gerne von Produzenten aus Frankreich. „Die Fokussierung auf die Qualität der Produkte macht die französische Küche so besonders“, sagt Henning. Die Liebe zu Frankreich entdeckte er bald. Als Kind fuhr er mit seinen Eltern im Camper immer schon in den Urlaub nach Frankreich. Hier lernte er bereits sehr früh, die Schönheit der Natur und das leckere Essen zu schätzen. Verena ist mit Henning das erste Mal nach Frankreich gekommen. Heute besuchen die beiden sehr gerne das nahe liegende Elsass, fahren aber auch in die Bretagne und nach Südfrankreich. „Denn wenn wir ehrlich sind, haben doch alle Regionen ihren ganz speziellen Reiz“, sagt Verena und lacht.
Denn wenn wir ehrlich sind, haben doch alle Regionen ihren ganz speziellen Reiz.
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