Zwei weitere dicke Scheite weiße Eiche wandern in die heiße Glut des riesigen offenen Kamins. Die Flammen lodern orangerot auf und züngeln an den Wänden nach oben.
„Und jetzt einen guten Digestif.“ Patrick schaut in die illustre Runde. Einige streicheln sich wohlig über die Bäuche, Es war ein gutes Essen, ein Abend, der so gesellig einfach noch nicht zu Ende gehen darf.
„Das Cassoulet braucht Unterstützung“, Daniel ächzt ein bisschen. „Die dritte Portion war vielleicht ein ganz kleines bisschen viel.“
„Und ich konnte der Käseplatte nicht widerstehen“, flüstert leise, doch hörbar, Jacqueline aus ihrer Ecke.
Patrick bringt auf einem kleinen Rollwagen die Schätze seiner Hausbar.
„Armagnac, Génépi, Schwedenbitter, Ratafia aus der Champagne oder L’izarra?“ Stolz präsentiert er uns die Flaschen, einige davon aus dem gekühlten Bereich der Bar.
„Den Génépi hab’ ich aus dem letzten Provence-Urlaub mitgebracht. Nur beste Kräuter aus den Hochalpen sind drin.“ Stolz und fast ein bisschen zärtlich dreht er die Flasche in seinen Händen. „Und der Schwedenbitter ist nach dem Rezept von Père Blaize hergestellt. Die Herboristerie in Marseille ist einen Besuch wert“, setzt er hinzu.
„Kennst du L’izarra? Der kommt aus dem Baskenland.“ Er öffnet die Flasche, wedelt mit der Hand vor meiner Nase. Unzählige Kräuteraromen, Gewürze, Walnüsse und Pflaumen nehme ich wahr, dazu Armagnac.
Neben den aufgezählten Likören, sehe ich eine Flasche des sehr beliebten, mir viel zu süßen Fraise de Plougastel aus der Bretagne, dazu Chartreuse, außerdem eine Bénédictine, ein Kräuterlikör, der heute zu einem der Big Player am Markt gehört und dessen ursprüngliche Rezeptur aus einem Kloster stammen soll.
Patrick nimmt bereits einige zart geschliffene Kristallgläser vom Wagen.
„Was gibt’s bei euch in der Heimat nach einem opulenten Mahl?“ Es ist Daniel, der noch immer seinen Cassoulet-Bauch liebevoll streichelt, das es an ein Baby erinnert.
„Kräuterliköre in allen Varianten, gern auch Kümmel, den aber eher im Norden.“ Ich erinnere mich an meine Ersterfahrung mit einem Kümmelschnaps an der Ostsee, der Goldflitter hatte und der so etwas wie eine kleine Tradition auf den Silvesterreisen mit Freunden wurde. Jacqueline bittet um Pastis, den sie gern nach dem Essen als Digestif nimmt.
„In Deutschland wird doch auch gern ein Schnäpschen getrunken, so nach dem Essen, oder?“ Patrick schaut mich an, ich muss ein Lachen unterdrücken, wie er Schnäpschen ausspricht. Das Wort scheint er auf einem seiner Besuche aufgeschnappt zu haben.
Kräuterliköre, Magenbitter und Co. sind auch in Deutschland beliebt, denken wir nur an Gänsebraten oder eine zünftige Schlachtplatte.
„Mir sind die meisten Liköre einfach zu süß, egal ob in Deutschland oder Frankreich“, gestehe ich der Runde. „Es gibt nur wenige Ausnahmen, aber einen Ratafia aus der Champagne nehme ich gern. Ein seltener, sehr aromatischer Süßwein ist der Champagner-Ratafia.
Der Likör wird gekühlt genossen und besitzt eine geschmackliche Vielfalt, sodass er wunderbar verschiedene Speisen begleiten kann.
Weiße und roséfarbene Ratafias, die nach frischen Trauben riechen und schmecken, sind ideal zu herzhaften Pasteten. Die alten roten Ratafias wollen unbedingt zur Käseplatte ergänzt werden und mögen besonders Roquefort oder Cantal.
Und selbstverständlich sind alle Desserts mit Früchten eine hervorragende Kombination., geradezu ein Muss.
„Hast du womöglich auch einen Crème de Citron von Cabanel aus Carcassonne“, wage ich zu fragen und ohne Zweifel, Patrick hat. Die kleine, lokale Produktion von Likören und Bittern ist ein Familienbetrieb und seit einigen Jahren auch über die Grenzen des Départements Aude hinaus bekannt und beliebt. Erfrischend und belebend gleitet der Likör den Hals hinab und ist für mich schon „un pour la route“, ein letztes Glas, bevor ich mich auf den Weg nach Hause mache.
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