Guy Ody und sein „Le Refuge“: Provence in München

By Annette Sandner

Würde man sich einen französischen Wirt wie aus dem Bilderbuch vorstellen, käme dieses Gedankenbild sicher sehr nah an Guy Ody. In seinem „Le Refuge“, ganz knapp an der Grenze zwischen Maxvorstadt und Schwabing in einer ruhigen Seitenstraße, schafft er seit acht Jahren ein atmosphärisches Refugium mit Frankreich-Flair, in dem man sich einfach wohlfühlen muss und seelenwärmend isst.

Die Geschichte von Guy führt von der Provence, wo er aufgewachsen ist, über viele gastronomische Stationen in Frankreich und Paris – dann aber relativ schnell nach München. 1987 ist er seinem kleinen Bruder hier her gefolgt. Als eines von drei Kindern mit einer tagsüber arbeitenden Mutter war er schon früh in der Küche „zuständig“, wie er erzählt. Warm machen, aber auch ein bisschen probieren, ein bisschen Salz, Pfeffer, Rosmarin – voilà!

Vom Fliesenleger zum Wirt

Der Vater besaß ein Hotel mit Restaurant bei Paris, das schon mit 13 in den Ferien der Anlaufpunkt für Guy war, zum Arbeiten – genauso wie verschiedene andere Lokale. Es sollte dann trotzdem erst einmal ein anderer Beruf werden: Maurer und Fliesenleger hat er gelernt – die Berufung blieb aber die Gastronomie.

30 sollte Guy werden, als er (dann schon in Bayern) eigene Restaurants und Crêperien betrieb und auch in anderen Restaurants kochte. Immer neugierig – wie, als er ohne jede Ahnung von der Küche in einer spanischen Küche anfing, und sich nachts erstmal durch die Rezeptbücher gearbeitet hat.

„Küche, das bedeutet immer auch lernen“, sagt er. Eine Speisekarte machen und verbessern, das sei eine Entwicklung. Aber wenn man etwas liebt, ginge es auch immer schnell, zu lernen.

Pures Frankreich auf dem Teller

Die Speisen im Le Refuge sind provenzalisch, aber nicht nur. Die Klassiker von Boeuf bourguignon bis Lammkarree mit Butter maître d’hôtel sind sehr beliebt, genauso wie die Bouilabaisse, die es nur freitags gibt. „Die Fischsuppe muss zwei Tage kochen. Sowas gibt es nicht à la minute“, sagt Guy, „ich will das nicht so schnell.“

Es geht hier, wie beim französischen Genießen überhaupt, mehr um den puren Geschmack, als um aufgeregte Neuerungen. „Ich will keine moderne Küche machen, sondern wie meine Mutter und meine Großmutter kochen. Den puren Geschmack. Eine Tomate muss einfach wie eine Tomate schmecken."

Und so schmecken die Gerichte auf der Karte auch: Wie soul food, reichlich bemessen, gut abgeschmeckt, nicht zu feingliedrig, aber frisch und pur. Alles wird selbst gemacht, von der Sauce bis zur (übrigens sehr guten!) Tarte Tatin. Denn „wir wollen nichts kaufen, um es dann hier wieder zu verkaufen.“

Anders beim Wein, natürlich. Die Auswahl ist nicht riesig, aber umfangreich genug, dass jeder etwas findet, keine großen Namen – eher kleine Entdeckungen, von denen der Wirt überzeugt ist.

Vom Konzept zum Restaurant

Sein Le Refuge betreibt Ody nun seit acht Jahren. Geträumt hat er von dem Restaurant, und zwar auch genau von diesem, aber schon länger. Das Konzept war fertig, sogar Teller hatte er schon zwei Jahre vorher begonnen einzukaufen. Und irgendwann kam der perfekte Zeitpunkt: der ehemalige Wirt des schön gelegenen Ecklokals hörte auf, und Guy präsentierte seinen Plan eines französischen Restaurants dem Verpächter. Er bekam es, und steckte erst einmal viel Zeit – und auch Geld – in die Renovierung. Aber es sollte alles perfekt sein. Für seine Gäste, und so, wie er es sich vorstellte.

Restauration, sagt Guy, muss echte Passion sein. „Du kannst kein Restaurant nur für das Geld machen. Du musst zuerst Wirt sein.“ Und genau das spürt man hier.

Ein Zufluchtsort mit Seele

Eines der schönsten Komplimente, erzählt er, sei einmal von einer Dame gewesen, die sagte: „Wissen sie, es gibt viele Restaurants – aber bei Ihnen gibt es eine Seele.“

Und auf die Frage, was denn diese „Seele“ bedeute, erklärt er:
„Die Seele bist du als Wirt selbst. Du gibst, was du geben willst. 100 %. Es ist wie die Liebe ungefähr.“

Die Kerzen und das gedämpfte Licht an den Holztischen sind im Winter einladend, genauso wie die Bar und die liebevolle saisonale Dekoration. Schön, pur, etwas verspielt – aber nie zu viel. Wie die französische Küche eben. Im Sommer reihen sich die Tische auf dem Gehweg und die Nachbarn genießen ein Stück Frankreich vor der Tür. Überhaupt kämen viele Nachbarn und Bekannte her. Viele sind von Gästen zu Freunden geworden. Auf die familiäre Atmosphäre ist man besonders stolz, und auch darauf, dass von jung bis alt sehr viele verschiedene Gäste gerne ihren Abend hier verbringen.

„Refuge“, ein Zufluchtsort, den wollte Guy als Kind einer armen Familie immer seinen Freunden kaufen und bauen, ein Stück Land, ein Haus für alle. Als es um die Namensfindung ging, brachte seine Frau den Gedanken auf, und genau das sollte das Restaurant werden: Ein Ort für Freunde. „Wenn du müde bist, wenn du allein bist, wenn du hungrig bist – komm zu uns.“

Le refuge
Neureuther Str. 8
80799 München

Contributor

Annette Sandner
Annette Sandner

Journalistin

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